Stevie's full of good intentions

Thursday, March 19, 2009

Im Nachlass von David Foster Wallace

fand sich ein Manuskript mit dem Titel "The Pale King". Wie die "Süddeutsche" gestern berichtete (und die "Welt" schon vor über zwei Wochen!), hatte sich Wallace vom eigentlichen Ziel des Schreibens, Welten aufzubauen und lebende Menschen Dinge fühlen zu lassen, verabschiedet. Stattdessen sollte die Langeweile das Schlüsselthema des Romans werden. Die Konzeption hat Wallace wie folgt beschrieben:

"Glück - eine Sekunde für Sekunde gefühlte Freude und Dankbarkeit darüber, am Leben und bei Bewusstsein zu sein - liegt auf der anderen Seite von furchtbarer, furchtbarer Langeweile. Verfolge so aufmerksam wie Du kannst das Langweiligste, was Du Dir vorstellen kannst (Steuererklärung, Golf im Fernsehen), und einen Langeweile, wie Du sie nie für möglich gehalten hast, wird in Wellen über Dich fluten und Dich fast umbringen. Aber wenn Du diesen Wellen standhältst, ist es als würdest Du aus dem Schwarzweiß in die Farbe treten. Wie Wasser nach Tagen in der Wüste. Ein augenblickliches Glück in jedem Atom."

Der Roman spielt nicht umsonst in einem Finanzamt. Es geht um die Formulare 2440 und 2441 und ein paar ähnliche. Wenn es nun um Langeweile und das Finanzamt geht, möchte ich mich durchaus als Experten bezeichnen. Verbringen Sie mal ein paar Wochen in der Bewertungsstelle des Finanzamts Melsungen, dann können Sie mitreden! Stattdessen können Sie auch Herrn Horst Abker zuhören, wenn er Ihnen etwas über die Rücklage für Ersatzbeschaffung erzählt. Das aber nur nebenbei ...

All das hinterlässt auf mich den Eindruck, als habe Wallace durch die tägliche Langeweile hindurch den Weg zum Glück des Sysiphos gesucht - und sei dabei verzweifelt.

Der Sinn des Lebens ist das Leben. Das kann - wenn man in einem Finanzamt arbeitet und sich den ganzen Tag mit depperten Formularen rumschlagen muss - eine harte Erkenntnis sein. Warum wir uns Sysiphos als glücklichen Menschen vorstellen sollen, habe ich nicht verstanden.

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